Autor: Aaron Hirche
Datum: 09.06.2023
Kategorie: Vorträge

Letzten Montag, den 05.06.2023, durften wir Herrn Haßdenteufel und Herrn Dr. Kögel von der Münchner Kanzlei Witzel Erb Backu empfangen. Witzel Erb Backu ist Partner unserer Initiative und wir freuen uns, dass wir die Zusammenarbeit nun mit diesem Kick-Off-Event feiern konnten!

Nachdem sie die Tätigkeitsbereiche der Kanzlei (Familienrecht, IT-Recht, Wirtschaftsrecht und Wirtschaftsstrafrecht) vorgestellt hatten, fing Herr Dr. Kögel mit dem Thema „Digitalisierung von Vertragsbeziehungen durch Smart Contracts“ an.

Digitalisierung von Vertragsbeziehungen durch Smart Contracts

Eingangs wurde der Begriff des Smart Contracts erläutert, bei dem es sich kurz gesagt um einen sich selbst ausführenden Vertrag handelt, der meist mit einer Blockchain-Technologie (=eine dezentrale, transparente und sichere Methode zur Aufzeichnung und Verwaltung von digitalen Transaktionen) verknüpft ist.

Ein solcher findet überwiegend bei Standardverträgen mit „wenn-dann-Charakter“ Anwendung. Häufig taucht er im Immaterialgüterrecht und Mietrecht auf, aber auch beim Vertragsschluss im Rahmen von E-Scootern kann er verwendet werden. Ebenfalls ist die Gestaltung von Versicherungsverträgen mit Smart Contracts attraktiv, eben aufgrund des genannten „wenn-dann-Charakters“ und der Möglichkeit der Standardisierung solcher Verträge.

Allerdings: so groß das Potential von smarten Verträgen in diesem Sinne auch ist, bestehen rechtliche Probleme bei deren Einsatz. Insbesondere problematisch wird ihre Anwendung dann, wenn ein Verbraucherbezug besteht, zumal Verbraucher bekanntlich einen rechtlich hervorgehobenen Schutz genießen.

Ebenfalls eine Herausforderung für die Funktionsfähigkeit von Smart Contracts sind unbestimmte Rechtsbegriffe.
So tut sich ein Algorithmus schwer, Begriffe wie „Treu und Glauben“ oder „Sittenwidrigkeit“ rechtlich zu beurteilen, stellt das schließlich schon Juristinnen und Juristen vor gewisse Schwierigkeiten.

Nicht zu vergessen bleibt natürlich die DSGVO, sodass auch der Datenschutz die Möglichkeiten des Einsatzes von Smart Contracts einschränkt.

Dr. Kögel sieht jedoch trotz der genannten Probleme noch Potential bei der Anwendung von Smart Contracts.
Er plädiert für entsprechende Änderungen durch den Gesetzgeber und spricht sich für weniger Regulierungen aus, insbesondere im Hinblick auf die zahlreichen Maßnahmen der EU.

Die Revolution durch KI-Herausforderungen für die Menschheit... und die Anwaltschaft

Anschließend kam Herr Haßdenteufel darauf zu sprechen, was auf die Menschheit, aber insbesondere auch auf die Anwaltschaft im Hinblick auf KI zu kommt.

Über die Anfänge der Entwicklung von KI, von ELIZA, einer KI-Therapeutin, bis hin zum Sieg von Deep Blue über Kasparov in Schach und schließlich zu Large Language Models wie ChatGPT kam Haßdenteufel auch zu den Risiken von KI zu sprechen.

Er nannte dabei etwa mangelnde Transparenz, Datenschutz, Diskriminierung und auch existenzielle Risiken.

Intensiver sprach er dann über die KI-Verordnung, deren größte Hürde das Spagat zwischen Förderung und Schutz von EU- Bürgern sowie zwischen Rechtssicherheit und Flexibilität ist. Die Verordnung unterscheidet zwischen allgemeinen KI-Anforderungen, Hochrisiko-KI- Systeme und verbotene KI-Praktiken. Ein Beispiel für Letzteres sind KI-Systeme mit Techniken der unterschwelligen Beeinflussung des Bewusstseins von Personen zur Steuerung des Verhaltens, wenn dadurch einer Person ein physischer oder psychischer Schaden zugefügt werden kann Probleme der Verordnung sind jedoch etwa die teilweise zu hohen Bußgelder bei Normverletzungen, die Unternehmen unter Umständen in den Bankrott treiben können oder überhaupt die Definition von KI-Systemen. Auch dies könnte ein Grund sein, weshalb die Startup Szene in Deutschland nicht so ausgeprägt ist, wie in anderen Ländern.

Für die Anwaltschaft sieht Herr Haßdenteufel aber jedenfalls nicht schwarz. Im Gegenteil sieht er positiv, dass die Arbeit als Anwalt durch KI-Systeme erleichtert werden kann. Insbesondere die Verarbeitung von Datenmengen oder die fragmentierte Suche nach vergleichbaren Fällen (bei Case Law) können gut von der KI übernommen werden.

Dennoch: ChatGPT nutz Witzel Erb Backu (noch) nicht, antwortete Herr Haßdenteufel auf eine Frage aus dem Publikum. Grund dafür sei die noch nicht ausreichende Qualität aber insbesondere auch der Datenschutz, der nicht gewährleistet ist.

Nach diesen zwei sehr spannenden Vorträgen bedanken wir uns bei Herrn Dr. Kögel und Herrn Haßdenteufel, die den weiten Weg aus München zu uns angetreten sind, für die wertvollen und erkenntnisreichen Vorträge!

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