Autoren: Maximilian Volland, Laureen Eidloth

Datum: 07.11.2022

Kategorie: Vorträge

Einführung

Am Mittwoch, den 03.11.22, durften wir Christian Bressem, unseren ersten Experten bei b{u}ilt, live per Teams begrüßen und einen spannenden Vortrag über die Digitalisierung in Deutschland mit Fokus auf die Verwaltung hören. Christian Bressem ist Vorstand bei ALLGEIER Enterprise IT im Bereich Public und Vorstandsmitglied der NEGZ. Sein Beitrag zur Digitalisierung des öffentlichen Sektors beschränkt sich nicht nur auf Projekte wie die Einführung der E-Akte, sondern er trägt auch zur Erweiterung des Wissensstandes in diesem Bereich z.B. durch das Buch „Digitalisierung in Bund, Ländern und Gemeinden“ als Co-Autor bei. 

Interessant war, dass die Einführung der E-Akte ein treffendes Beispiel für die Geschichte der Digitalisierung in Deutschland ist. Dies liegt daran, dass praktisch alles im öffentlichen Dienst in Akten geführt wird. Akten sind die gewöhnlichste Art der Dokumentation unserer Bürokratie. Sie gewährleisten die Dokumentation aller Prozesse und schaffen somit Transparenz für Staat und Bürger. Das Konzept der elektronischen Akte adressiert folglich den grundlegenden Kern unserer öffentlichen Strukturen. 

Digitalisierung hat keinen Selbstzweck

Begonnen hat Bressem mit der Feststellung, dass die Digitalisierung keine Entwicklung ist, die irgendwann aufhören wird oder nur vorübergehend ist. Digitalisierung ist eine fundamentale Entwicklung, die nicht mehr wegzudenken oder aufzuhalten ist. Folglich ist es unabdingbar, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Die wesentlichste und grundlegendste Erkenntnis der Veranstaltung war jedoch die Tatsache, dass Digitalisierung (so wichtig sie auch sein mag) keinen Selbstzweck hat. Digitalisierung sollte nicht nur eingesetzt werden, weil man denkt, dass man die Technik unbedingt nutzen sollte. Richtig ist jedoch, dass Digitalisierung in vielen Anwendungsfällen einen großen Beitrag leisten kann, um die Effizienz zu steigern. Vernetzung und Automatisierung können dabei helfen, Prozesse schneller und einfacher zu gestalten.  

Zuerst verstehen, dann digitalisieren

Dennoch ist eines zu beachten: Schlechte Prozesse und Strukturen werden nicht dadurch besser, dass sie digitalisiert werden. Digitalisierung ergibt nur Sinn, wenn die Abläufe auch dazu geeignet sind. Ein gutes Beispiel dafür ist die Verwaltung. Die Tatsache, dass Deutschland im Bereich Digitalisierung im internationalen Vergleich hinten liegt, geht nicht auf fehlende Technologien zurück. Das Problem ist vielmehr das mangelnde Wissen über die Verwendung der Technologien, sowie die Prozesse, die oft nicht zu Ende gedacht sind. E-Mail-Verkehr löst zwar das analoge Versenden von Briefen ab. Wenn die E-Mail im Anschluss aber immer erst ausgedruckt wird, um sie dann wieder im physischen Papierformat zu bearbeiten, kann man sich den ersten Schritt auch sparen. Digitalisierung ist somit nicht die reine Überführung der analogen Prozesse ins Digitale. Es geht um ein Umdenken; Prozesse, Strukturen und die Art und Weise, wie Arbeit ausgeübt wird, besser zu verstehen. Zuerst müssen die analogen Tätigkeiten und ihre Anwenderinnen und Anwender verstanden werden, bevor man weiß, ob man die Prozesse auch anders einfacher machen kann, oder wie Technologien hier helfen können. Wichtig ist, sich in die konkrete Person und ihre Bedürfnisse hineinzuversetzen und das digitale Produkt an sie anzupassen. Das Motto ist also: zuerst verstehen, dann digitalisieren! 

Es gibt nicht die eine Einführung der E-Akte

Eine weitere interessante Erkenntnis war, dass die Digitalisierung in der Verwaltung insbesondere deswegen schwer ist, weil Deutschland ein föderal organisiertes Land ist. Somit gibt es auch nicht die einmalige Einführung der E-Akte. Vielmehr müsste es 16 verschiedene Einführungen geben, da Deutschland aus 16 Bundesländern besteht. Die Einführung der E-Akte ist somit nicht lediglich die Übertragung der Papierform in ein PDF auf dem Computer. Es ist eine komplexe und vielschichtige Entwicklung, die mit einer Transformation von Prozessen verbunden ist und nicht überall gleich schnell passieren kann. Trotz des föderalen Aufbaus gibt es viele Aspekte, in denen die Bundesländer versuchen zusammenarbeiten, sich die Aufgaben aufteilen und die Ergebnisse dann für alle zugänglich machen. 

Dieses und noch vieles mehr haben wir bei unserem ersten Vortrag gelernt. Auch wenn es sich bei der E-Akte nicht um ein Legal Tech Thema handelt, welches auf den großen Buzz-Wörtern KI oder Blockchain basiert, war es doch sehr spannend, zum Einstieg in das Thema zu lernen, wie der Stand der Digitalisierung in unserem Land liegt, was zu verbessern ist und was fehlt.  

Wir bedanken uns bei Christian Bressem für die Zeit und Mühe! 

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